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Das 1. Jahr

Da man Gefühle am besten selbst beschreibt, werden wir hier meine und Jennifers Sicht getrennt darstellen. Hier kommt es also zu Gastbeiträgen von Jennifer 😊

 

 

Wie fühlt es sich an nicht mehr in Deutschland zu sein?

Eren:

 

Um ehrlich zu sein habe ich nicht mehr damit gerechnet, dass ich in diesem Alter bereits auswandern würde, bis ich Jennifer kennengelernt habe. Sie sorgt einfach dafür, dass ich mehr vom Leben habe.

Ich freue mich natürlich, dass es endlich soweit ist. Ich habe es lange herbeigesehnt und nun ist es einfach so weit.

 

Ich denke, ich habe es noch nicht richtig verwirklicht. Hier leben einfach zu viele Deutsche (10% der Bevölkerung). 😉

Jennifer:

 

Auch mir fällt es schwer die Situation richtig zu erfassen. Der Kopf weiß zwar, dass ich nicht mehr in Deutschland bin, aber vom Feeling her bin ich noch nicht ganz angekommen. Ich merke den Unterschied zu Deutschland eigentlich immer dann, wenn ich vor die Tür gehe. Ich sehe Palmen statt Tannen. Das Vogelgezwitscher und noch 1-2 Baumarten, deren Namen ich nicht kenne, zeigen mir, dass ich Deutschland verlassen habe. Ich fühle mich oft an Indonesien erinnert und das gibt mir ein positives Gefühl. Vor allem was das Wetter betrifft: Hier in Paraguay spürt man wie die Erde unter den Füßen wärme sendet, keine frostige Kälte, die sich im gesamten Körper ausbreitet.

 

Werde ich Deutschland vermissen?

Eren:

 

Ich vermisse natürlich einiges was ich in Deutschland zurückgelassen habe, beginnend von Familie, Freunden und Arbeitskollegen bis hin zu dem Kioskbesitzer im Bockenheimer Warteturm, der mich seit meiner Kindheit kennt. Also an erster Stelle vermisse ich die Menschen, die zu meinem Leben gehörten und jetzt nur noch als Online-Kontakt über Social Media bzw. Whatsapp verfügbar sind. Das ist nichts das ich nicht vorhergesehen hätte, aber es zu erleben ist eben nochmal was ganz anderes.

 

Natürlich vermisse ich auch einige Produkte, allem voran türkische Produkte aber auch eine ordentliche Rindswurst wie sie in Deutschland zu finden sind, denn diese gibt es hier leider nicht. Das meiste schickt mir meine Mutter regelmäßig rüber, aber manches bleibt leider aus. Wie z.B. ordentlicher Joghurt.

 

Aber alles in allem ist es eben auch ein Abenteuer. Und im Gegensatz zu meinem Alltagsleben in Deutschland, habe ich hier das Gefühl lebendig zu sein.

 

Jennifer:

 

Werde ich das Land an sich vermissen? Nein. Ich vermisse meine Familie und meine Freunde dort. Es sind also vor allem die Menschen und einige Nahrungsmittel, die ich vermisse. Aber ich habe mit dem Kapitel Deutschland abgeschlossen, lebe nun dieses Kapitel und freue mich auf das nächste. Mal sehen was kommt.

 

Wie gut habe ich mich erstmal eingelebt?

Eren:

 

Naja, zum Einkaufen reicht mein Spanisch im Augenblick, aber es könnte definitiv besser sein! Wir haben einige Menschen kennengelernt und ich versuche auch so viel wie möglich aufzuschnappen, aber ganz ohne lernen würde es einfach zu lange dauern um die Sprache vollständig zu können. Zurzeit lerne ich vor allem Vokabeln und versuche, mir gut bekannte Filme auf Spanisch zu schauen, um mein Hörverständnis zu verbessern. Am Anfang stand ich meistens nur da und versuchte über eine Übersetzungs-App die richtigen Sätze zu finden. Oder aber sah Jennifer an und wartete bis sie die Brocken, die sie verstand, übersetzte. Jetzt suche ich meistens nur einzelne Wörter. Trotzdem sind meine Sätze meistens ohne jegliche Grammatik oder Zeitform, meistens aus Hauptwörtern bestehend. Die Menschen nehmen es einem nicht übel, im Gegenteil, sie versuchen zu helfen indem sie versuchen zumindest 1 Wort erklärt zu bekommen.

 

 

Ansonsten sind die Menschen sehr locker drauf und ich komme sehr gut mit ihnen aus. Der nächste Kiosk um die Ecke fragt auch immer wieder meine Spanischfortschritte ab😉

 

Es gibt nur wenige die English können, die 3 Hauptsprachen hier sind Guarani, Spanisch und Portugiesisch bzw. Castellano. Ich werde immer wieder in allen 3 Sprachen angesprochen aber kann nur auf Spanisch antworten.

Von der Sprachbarriere mal abgesehen, fühle ich mich bisher in Paraguay sehr wohl.

Jennifer:

 

Ich muss leider zugeben, dass ich mich überschätzt habe. Ich dachte, dass meine Auswandererfahrungen (erst von Deutschland nach Indonesien und dann wieder zurück) mir diesmal helfen werden. Eren und ich hatten ganz am Anfang ausgemacht, dass ich früher (bereits in Deutschland) anfangen werde Spanisch zu lernen. Das tat ich auch, aber es war für mich bei weitem nicht genug. Auch ich kann mich nicht deutlich ausdrücken und benutze meistens Hauptwörter, die ich aneinanderreihe. Gepaart mit meiner Abneigung auf Fremde zuzugehen, waren meine Erfahrungen trotzdem nicht dabei behilflich meine Kommunikationshemmnisse zu überwinden.

 

Ansonsten bestätigt sich eigentlich immer wieder, dass man überall gut leben kann. Ja, man muss sich an das andere System gewöhnen, aber die Menschen leben ihr Leben ja schließlich überall auf der Welt. Ich bin im Alltag eher eine Stubenhockerin, die absolut keine Lust hat unnötig das Haus zu verlassen. Daher liebe ich es, dass ich nicht mehr zur Arbeit fahren muss, sondern einfach mit meinem Laptop vom Sofa auf meinen Chef- bzw. Gamer-Stuhl wandere. Mir ist daher sehr wichtig, dass ich mich IM Haus wohlfühle, ob das Haus nun in Deutschland, Indonesien oder eben Paraguay steht, spielt im Alltag, eine geringere Rolle. Doch allein schon draußen im Garten, in der richtigen Sonne zu stehen ist etwas das ich nicht mehr hergeben will. Das ist etwas, dass ich an diesem Land liebe: die wärmende Sonne, auch im Winter.

 

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